Für Bernhard Hesselt ist es kein Opfer oder Geschenk, sondern etwas, das er einfach gerne macht: Jeden Samstag Vormittag holt er als Pate des SAM (Soforthilfe, Achtsamkeit, Mitmenschlichkeit)-Projekts den 14-jährigen Sammy von zu Hause ab, fährt ihn zur Hippotherapie und zurück. Wenn irgend möglich im BMW Z4 Cabrio, denn das liebt Sammy besonders. Dass der Junge aufgrund seiner Behinderung nicht sprechen kann, macht Bernhard Hesselt nichts aus. Denn seine Freude zeigt Sammy trotzdem.
Ein Zeitungsbericht vor eineinhalb Jahren hat Bernhard Hesselt auf das SAM-Projekt aufmerksam gemacht. Spontan meldete er sich und kam in Kontakt mit Charlotte Hamdorf, Sammys Mutter. Sie einigten sich schnell darauf, dass der Uttinger die Fahrten zum Nikolinenhof in Sontheim bei Memmingen übernimmt. Denn er fährt gerne Auto und interessierte sich für das Reiten.
Welcher Pate was übernimmt und wie viel Zeit er investiert, wird ganz individuell gehandhabt, erklärt SAM-Koordinatorin Isolde Welzmiller. Für Bernhard Hesselt ist es ein Vormittag, an dem er für SAM unterwegs ist. Er hilft dabei, Sammy vom Rollstuhl auf das Pferd zu setzen und verbringt dann die restliche Zeit beim Beobachten der Tiere oder einem Gespräch mit dem Partner der Therapeutin.
Für Charlotte Hamdorf ist der Einsatz des SAM-Paten eine große Erleichterung. So hat sie eine Fahrt weniger und kann den Samstag Vormittag für Besorgungen, aber auch einfach einmal zum Ausspannen nutzen. Und Sammy liebt sowohl das Reiten als auch das Autofahren. „Er kommt immer fröhlich zurück“, so seine Mutter. Zu Bernhard Hesselt hatte Sammy von Anfang einen guten Draht.
Das ist ganz wichtig, betont Isolde Welzmiller. Deshalb gibt es vor einer festen Abmachung immer ein Kennenlernen zwischen Paten und Schützling, um zu sehen, „ob die Chemie stimmt“. „Bei Bernhard und Sammy habe ich gleich gemerkt, dass es passt“, betont Hamdorf, „Sammy weiß, was er will und hätte das deutlich gezeigt“. Anfangs fuhr Bernhard Hesselt Sammy in der Nähe des Hauses ein bisschen im Rollstuhl Spazieren, bald begannen dann die Autofahrten.
Medizinische Kenntnisse sind nicht erforderlich, betont Hesselt, der selbst Arzt ist und zuvor kaum Kontakt zu Menschen mit Behinderungen hatte. Er genießt die Zeit mit Sammy und nimmt ihn auch gerne zu Autoausstellungen oder zum Einkaufen mit. Dabei spricht er viel mit ihm und unterstellt die fehlenden Antworten einfach. „Er spricht zwar nicht, aber mit der Zeit bekommt man heraus, was er will“, sagt Hesselt. Mit einer etwas flotteren Cabriofahrt auf der Autobahn brachte er Sammy sogar zum Lachen. „Bernhard nimmt Sammy einfach ernst – auch in der Öffentlichkeit“, freut sich Charlotte Hamdorf.
Hesselt hat seinen Schützling auch in der Zeit der Corona-Ausgangsbeschränkungen regelmäßig besucht. Viele Paten jedoch setzten ihr Engagement in dieser Zeit aus oder stellten vorübergehend auf Video-Anrufe um, so Isolde Welzmiller. Die meisten blieben „ihren“ Familien treu und starteten ihre Besuche später wieder, andere sprangen leider ab.
Dabei gibt es „gerade jetzt einen Wahnsinnsbedarf“, betont Charlotte Hamdorf. Deshalb freut sich das SAM-Projekt über jeden, der sich wie Bernhard Hesselt ehrenamtlich engagieren möchte. „Das ist sinnstiftend und erfüllend“, betont Koordinatorin Welzmiller, die auch den Austausch der Paten untereinander organisiert.